Bericht meiner Reise 2017

Liebe Freunde und liebe Paten,

wie jedes Jahr beginne ich meinen Bericht mit dem Satz : Ich bin gesund und wohlbehalten aus Madagaskar zurückgekehrt, was nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit ist.


Zunächst zur Schule :

In der Schule leben 6 Ordensschwestern, die zusammen mit 20 weltlichen Lehrern unter- richten. Dieses Jahr gehen 580 Kinder im Zentrum zur Schule und ca. 200 Kinder essen dort täglich zu Mittag. 2 Frauen und 1 Mädchen bereiten das Essen zu und helfen, zusammen mit einigen Lehrern, den Kindern.

30 Mädchen sind intern, (alle haben einen Paten), von der 1. bis zur Abiturklasse – von diesen 30 gehören 13 zu unserem Programm.

Das Schulgeld beträgt 12.000 Ariary monatlich, das sind ca. 4,-- €. Es gibt das Projekt „3. Kind“, d.h. eine Familie, die in er Lage ist 2 Kinder kostenpflichtig in unsere Schule zu schicken, kann das 3. Kind kostenlos am Unterricht teilnehmen lassen.

Wir haben dieses Jahr sehr viele kleine, ganz kleine und einige Kinder in den Klassen vor dem Abitur. Kurz vor Beendigung der Ausbildung ist Miki Herman zum Elektrotechniker, Tahinasoa zur Konditorin, Lalaina Odette zur Juristin, Schwerpunkt Schutz der Kinder und Flaurence, die eine Handelsschule besucht. Unsere „Erfolgsstory“ kommt am Ende des Artikels.


Zur Pest :

Man nimmt an, daß die diesjährige Lungenpest durch die Totenumwendungsfeiern ausge- brochen ist und rechnet mit einem erneuten Ausbruch in ca. 5 – 7 Jahren, wenn die Toten des Jahres 2017 umgebettet werden.

Insgesamt wurden ca. 2.300 Menschen infiziert, 207 (offizielle Zahl), sind gestorben. Hauptsächlich in der Hauptstadt und in Tamatave.


Situation der Bevölkerung :

Die Lebenserwartung der Madagassen liegt nach wie vor bei 54 Jahren/Männer und 57 Jahren/Frauen.

Nach Aussage offizieller Stellen liegt die Rate der Analphabeten unter 50 % (also liegt sie mit Sicherheit drüber).

33.000 HIV-Infizierte sind gemeldet und 12 % der Bevölkerung leiden an Syphilis.

Geschätzte Bevölkerungszahl liegt bei 24 Mio. (1960 waren es noch 5 Mio).

Madagaskar gehört zu den ärmsten Ländern der Welt, mit einer der höchsten Geburtenrate. Tendenz setzt sich fort.


Reis :

In den meisten Teilen des Landes gibt es nur noch eine Reisernte – die Gründe sind :

Landflucht, Wasser-und Klimawandel, Fremdnutzung der Reisanbauflächen.

Die Reispreise pro kg liegen im Moment bei 2 – 2.500 Ariary (ca. 70 Cent). Hält man dagegen, daß ein Landarbeiter gerade 3.000 Ar./Tag verdient, ein Handwerker vielleicht 5.000 Ar./Tag, der Verbrauch pro Tag und Kopf aber bei 1 kg liegt, kann man sich die Situation der Menschen vorstellen.

Die Verpflegung unserer Kinder mit Reis ist durch Spenden von einigen unserer Paten sichergestellt.

Inzwischen wird in großen Mengen Reis aus Pakistan importiert, eigentlich Viehfutterreis, der billig aber nichts wert ist, guten Reis können sich viele Menschen nicht mehr leisten.


Fremdnutzung der Reisanbauflächen :

Das franz. Unternehmen Bionexx baut seit 11 Jahren die Pflanze Artemisia in Madagaskar an; aus dieser Pflanze wird ein Wirkstoff gegen Malaria gewonnen. Laut homepage dieser Firma wird die Pflanze vor oder nach der Pflanzsaison für Reis angebaut, was nicht den Tatsachen entspricht. Aufgrund der Aktivitäten von Bionexx gehen immer mehr Anbau- flächen verloren, es geht angeblich sogar bis zur Enteignung von Bauern.


Entwicklungshilfe :

Wen es interessiert, dem empfehle ich folgenden Artikel aus dem November 2017 :

„Verpuffte Entwicklungshilfe“, Quelle Deutschlandfunk.de.

Madagaskar, der Musterschüler der Entwicklungshelfer, hängt am Tropf der edlen Spender. Seit den 90er-Jahren sind allein für Umweltschutz 600 Mio US Dollar geflossen. Hat sich etwas verändert, gab es ein Buschfeuer weniger, wurde ein zusätzlicher Baum gepflanzt oder hat auch nur 1 Kind 1 Stunde Unterricht in Sachen Umwelt- oder Klimaschutz be- kommen ? Ein klares NEIN. Übrigens, sämtliche Diesel (die ältesten stammen „gefühlt“ aus der Zeit vor dem 2. WK) fahren ohne Rußpartikelfilter.

Laut der Seite des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent- wicklung hat Mada. im Jahr 2017 60 Mio € von Deutschland für Klimaschutz bekommen und im Jahr 2015 von ODA (Official Development Assistance) sage und schreibe 677 Mio US Dollar.

Wo auch immer dieses Geld ankommt (man kann es sich denken), bei der Bevölkerung landet jedenfalls nichts davon.

Das Geld sprudelt, ist aber nicht zweckgebunden und wird nicht kontrolliert. Würde man die Zahlungen sofort einstellen, würde die arme Bevölkerung nichts davon bemerken.

Das größte Problem ist die Korruption. Ein Ministerposten kostet ca. € 20.000, ein Richter- stuhl ca. 5.000. Die Korruption zieht sich durch die gesamte Regierung, Verwaltung, Strom- und Wasserversorgen, Polizei, Militär usw., usw.


Noch ein paar Impressionen :

Bei der genannten Lebenserwartung sieht man natürlich kaum alte Menschen, und bei der Ernährungssituation auch kaum Übergewichtige.

In 1 Woche Hauptstadt und 3.000 km Rundreise hab ich genau 2 Kinderwagen, und keine einzige Ampel gesehen.

Mein abschließender Eindruck ist immer derselbe, ohne die kleinen Engagements würde es den Menschen noch viel schlechter gehen. Es gibt zahlreiche private, nichtstaatliche Orga- nisationen aus aller Herren Länder, die sich, wie wir, engagieren für mobile ärztliche Versorgung, Schulbildung, Ausbildung, Bau von Solarkochern und Energiesparöfen.


Die Erfolgsstory

Unsere Noeline, Patenkind seit ihrer Kindheit, die ihre Ausbildung zur Krankenschwester und Hebamme im März 2017 mit besten Noten abgeschlossen hat, wird, mit unserer Hilfe, ein eigenes Cabinet Médicale eröffnen. Ganz herzlich möchte ich mich bedanken bei Fam. Solbach, Lorenz Schreier, Dr. Sobek, Chr. Lealahabumrung, Ehrich Architekten, Fam. Kordt, Marlies Baumeister, Fam. Tranow, Dr. Möller, sowie Ines Förster und Uta Schröder.

Diese Story verkörpert für mich Sinn und Zweck unserer Arbeit. Ein Kind lernt etwas Sinnvolles und kann damit nicht nur für sich selbst sorgen, sondern auch noch anderen Menschen helfen. Ich werde weiter berichten und mir das Cabinet auch anschauen.

Vielen Dank für Eure Hilfe – bleibt unserer Sache treu.

Eva, im Dezember 2017